In einem Förderprogramm des Bundesministeriums für Landwirtschaft wurde 2022 die Beschaffung von Wärmebild-Drohnen für die Auffindung und Rettung von Jungtieren und Rehkitzen gefördert. Über den Landesjagdverband Mecklenburg-Vorpommern – den Kreisjagdverband Nordvorpommern haben die Jäger aus Velgast ein Projekt gestartet und eine solche Drohne beschafft. Im Vorfeld wurde das Projekt mit den Landwirten der Region besprochen und fand sofort offene Ohren und deren Bereitschaft zur Mitwirkung. Da die Förderung durch das Ministerium 60% betrug, wurde ein Eigenanteil notwendig. Die Landwirte Paul-Friedrich Bugislaus (Jakobsdorefer Agrar GmbH), Hero Kromminga (Hero Kromminga und Artur Kromminga GbR), Jan Dirk Snel (Snel Milchvieh GmbH Co.KG) und Ulf Witting (Velgaster Bauernhof GmbH Co.KG) waren dann gern bereit, diesen Eigenanteil zur Beschaffung der Drohne zu übernehmen. Durch den Kreisjagdverband wurden ihnen die entsprechenden Spendenquittungen ausgestellt.
Die Drohne als Fluggerät ist die eine Sache. Allerdings wird darüber hinaus für ihren mehrstündigen Einsatz im Gelände eine umfangreiche Ausrüstung notwendig – Zusatz-Akkus, Ladegerät, Wandler, eine leistungsstarke Batterie, ein Bildschirm zur Beobachtung und Bildauswertung, Gartenkörbe, Weidezaunpfähle und anderes. Hier konnten über die Stiftung für Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement in Mecklenburg-Vorpommern (Ehrenamtsstiftung) die zur Beschaffung notwendigen finanziellen Mittel eingeworben werden. In einem bemerkenswert unkomplizierten Verfahren sowie mit tatkräftiger und freundlicher Unterstützung durch die Mitarbeiterinnen der Ehrenamtsstiftung erfolgte die Beantragung und Auszahlung der Mittel.
Weiterhin wurde das Projekt durch den Kreisjagdverband Nordvorpommern finanziell unterstützt. Weitere Unterstützung in Form von Spenden als auch durch Sachmittel und Mithilfe bekam es von Jan Wirth, Hannes Griwahn, Peter Jäger, Martin Karstedt, Martina Heim und Mike Erben.
Mit sehr großem Engagement hat der Weidmann Jürgen Behnke aus Velgast sich der Sache angenommen. Er hat den notwendigen Drohnenflugschein erworben, sich um tausenderlei organisatorische Dinge gekümmert, die Ausrüstung besorgt und in bewundernswerter Weise eine voll einsatzfähige Gerätschaft zusammengebastelt.
Allen Beteiligten und Unterstützenden ein herzliches Dankeschön!
Nun konnte es los gehen. Worum geht es dabei eigentlich ? In den genannten landwirtschaftlichen Betrieben werden Weide- oder Milchrinder gehalten bzw. Grünfutter für diese erzeugt. Das geschieht durch das Mähen von Wiesen, dem hierfür angelegten Grünland. Ist dieses im Frühjahr mit Beginn der Mahdzeit im Mai / Juni mit Gräsern hoch bewachsen, nutzen es Wildtiere als Versteck für ihre Jungtiere. Junge Hasen und Rehkitze werden von den Muttertieren in Wiesen abgelegt und haben das natürliche Verhalten, über Stunden auf ihre Mütter zu warten und sich bei Gefahr klein zu machen und sich eng an den Boden gedrückt zu verstecken. Die landwirtschaftlichen Maschinen und die sie bedienenden Personen können die Tiere so unmöglich entdecken und umfahren. Die Tiere erleiden dann den Tod.
Mittels der Drohne werden die Flächen nun direkt in der Nacht vor dem Mähen gezielt und vollständig abgeflogen. Mit ihrer äußerst empfindlichen Wärmebildkamera lassen sich alle warmen Flecken im kühleren Gras ausmachen. Durch näheres Heranfliegen werden diese dann kontrolliert. Die Auflösung ist so genau, dass sich Kitze, Hasen, Vögel oder Gelege erkennen lassen. Da es schwierig und auch für das Wiederfinden der Jungtiere durch ihre Eltern ungünstig ist, diese aus der Wiese herauszubringen, werden sie mittels Gartenkörben an Ort und Stelle fixiert und farblich gekennzeichnet. So können die Mähfahrzeuge um sie herum gesteuert werden. Nach dem Mähvorgang werden die Körbe wieder eigesammelt. Die Ricken – die Rehmütter – kehren dann zu ihren Kitzen zurück und führen sie aus der nun deckungsarmen Wiese in ein anderes Versteck – gerettet! Hier präsentieren wir unser erstes gefundenes und gerettet Rehkitz!
Da die Jungtiere mit der Zeit zunehmend mobiler werden und mit ihren Müttern dann auch zusammenbleiben, besteht für sie zu späteren Mahden keine Gefahr mehr, ums Leben zu kommen. Dementsprechend konzentrieren sich die Rettungseinsätze mittels der Drohne auf einen kurzen Zeitraum und da die Landwirte in derselben Zeit mähen, auf wenige arbeitsintensive Tage. Zudem ist man auf die Kühle der Nacht angewiesen, da die Wärme am Tage das Auffinden mittels der Wärmebildkamera unmöglich macht. Somit bleibt nur der sehr frühe Morgen oder eben die gesamte Nacht für die Rettungsaktionen. Das strengt sehr an.
Über die Rettung von Jungtieren vor dem Mähtod hinaus gibt es noch weitere Einsatzmöglichkeiten für die Drohne. Ein Beispiel, es könnten auch verirrte Haustiere oder Menschen gesucht und gefunden werden. So ist es bereits während des Übens mit der Drohne vor der Mahdzeit gelungen, ein verirrtes Kälbchen im hohen Gestrüpp zu finden und zu seiner Mutter zurückzubringen.
Diese Erfolge und wunderschönen Erfahrungen spornen an, so viele Tiere wie möglich zu retten.
Ralph Pohl
Hegering Schuenhagen / Velgast
Bilder: J. Behnke